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Media Soundscapes I
(2006)
Leitfaden Webdesign
(2006)
Media Soundscapes II
(2007)
Lehrbuch Mediengestaltung
(2007)
Gehören Sie zur „generation upload“? Laden Sie ihre privaten Bilder auf Flickr hoch und stellen Videos bei YouTube ein? Downloaden Sie MPEG-Files auf ihr Handheld oder spielen Sie ständig neue, echt witzige Apps auf ihr SmartPhone? Klicken Sie sich ihre Freunde in Facebook, MySpace oder StudiVZ zusammen, um rund um die Uhr zu chatten und zu bloggen? Oder twittern Sie eher und haben für Ihren Tweed schon Follower? Gruscheln Sie Menschen, deren Foto ihnen gefällt und sperren den Kontakt per Mausklick, wenn er oder sie doch nicht so nett ist? Software und Filme besorgen Sie sich von ihren Peers über Bit-Torrent-Tracker wie Pirate Bay? Lustig finden Sie „flash mobs“, weniger witzig „cyber mobs“? Oder sind Sie der eher rabiate Typ, der fremde Rechner hackt, spammt und „Google bombs“ platziert? Oder fragen Sie sich gerade, von was ich hier überhaupt rede? Willkommen in der „brave new world – of media”.
Angedockt und eingeloggt
(2012)
Die Frage nach der Struktur und Funktion von „Hochschulen“ kann man sinnvoll nicht isoliert betrachten ohne einen Blick auf Schulen. Hochschulen sind Teil des gesamten Schulsystems und eingebunden in eine (momentan noch) sehr differenzierte und vielfältige, bundesdeutsche „Bildungslandschaft“, die sich über Jahrhunderte herauskristallisiert hat. Tradition und evolutionäre Genese sind eine Konstante von Bildungseinrichtungen, der ständige Wandel und der stetige Reformdruck eine weitere. Es scheint, das an Schulen und Hochschulen immer von neuem laboriert werden muss, auch wenn das mögliche Spektrum von Einstellungen und Methoden – zumindest was Lernen und Lehrkonzepte betrifft, – seit der Antike bekannt sind.
Daher gliedert sich dieser Text in drei Abschnitte:
• Ein kurzer Blick zurück leitet zentrale Begriffe her.
• Die Analyse des Ist-Zustandes unter Berücksichtigung der seit 1998 unter dem Namen „Bologna“ realisierten Reformen (Vereinheitlichung der europäischen Studiengänge, Umstellung der Studiengänge auf andere Abschlüsse (Bachelor, Master) u.v.m.) zeigt aktuelle Fehlentwicklungen, nennt Gründe und Protagonisten .
• Der abschließend Blick nach vorn zeigt, was aus (Hoch)Schulen (wieder) werden könnten, wenn Lehrende und Studierende mutiger werden.
Sudoku
(2012)
Der Ärger ist verständlich. Nach jahrelanger Lobby–Arbeit ist es gelungen, den Einfluss auf grundlegende Entscheidungen der Hochschulen und Universitäten institutionell zu verankern, indem man Hochschulräte eingerichtet hat. Dieses Gremium aus Externen, meist Wirtschaftsvertretern, und – je nach Landesverfassung – gleich vielen oder weniger Hochschulangehörigen konnte gerade mal eine Dekade wirken, um die Hochschulen nach den Prämissen des freien Marktes umzubauen. Und nun soll schon wieder umgedacht werden? Die Hochschulräte sollen nicht mehr entscheiden, sondern „nur noch“ beraten können?
Die Bologna-Reform ist gescheitert (Nida-Rümelin; 1). Der Bachelor ist der Abschluss für Studienabbrecher (Liessmann; 2). Die Akkreditierung von Studiengängen erweist sich als – sehr teurer – Akt der sinnfreien Bürokratisierung (Kühl; 3). Die Zitierten weisen darauf hin, dass man sich mit den „Reformen“ der letzten Jahre verrannt hat und empfehlen nachzudenken und umzusteuern. Doch die Kritisierten denken nicht daran, den Umbau von „Hochschulen zu Unternehmen“ als Sackgasse zu erkennen. Stattdessen übertragen sie ein weiteres Instrument der produzierenden Industrie auf Bildungseinrichtungen: das „Institutionelle Qualitätsaudit“ (IQA). Doch wer sich kritisch mit Qualitätsmanagement (QM) befasst, wird IQA für Bildungseinrichtungen mit IDF übersetzen: Institutionalisierte Denkfehler.
Bildung von der Stange
(2013)
Mathematik aus Gütersloh
(2013)
... und wieder ruft das CHE
(2013)
Statt MOOC
(2013)
Massiv gescheitert
(2015)
Die Verdinglichung des Menschen: Mit Gesundheitskarte, Selftracking und E-Health zum homo digitalis
(2016)
Der Kaiser ist ja nackt
(2016)
Das Thema des Forschungsprojekts ist Digitaltechnik im Spannungsfeld von Freiheitsversprechen und Totalüberwachung. Das Projekt „futur iii“ ist nicht nur der Name, sondern zugleich der Logo und URL für Publikationen.
Dieses Projekt wird im intensiven Dialog und z.T. in Kooperationen mit Kolleginnen und Kollegen verschiedener Hochschulen und Bildungseinrichtungen realisiert. Das übergreifende Thema ist bereits seit dem letzten Forschungssemester 2010 die Veränderung des Web durch Kommerzialisierung und Monopolisierung sowie die kritisch-reflektierende Auseinandersetzung mit Digitaltechnik bzw. Geräten und Diensten unter besonderer Berücksichtigung der konkreten Technikfolgeabschätzung (TA) für den Einsatz digitaler Bildschirmmedien und -dienste im Kontext von Lehre und Lernen.
Kinder am Bildschirm
(2017)
Wenn in Studien über digitale Medien und Kinder berichtet wird, liegt der Fokus meist darauf, Kinder „fit für die digitale Zukunft“ zu machen. Welche Folgen eine zu frühe und nicht regulierte Nutzung von Bildschirmmedien bei Kindern und Jugendlichen haben kann, zeigt sich in den Praxen der Kinderärzte. Das Spektrum der zu behandelnden Erkrankungen und der Beratungsbedarf bei psychosozialen Problemen haben sich in den letzten Jahren grundlegend verändert, schreiben die Verantwortlichen der BLIKK-Studie.
Schriftliche Stellungnahme Lankau zu:
a) Dringlicher Antrag der Fraktion der FDP betreffend Hessen 4.0 – Agenda Digitales Hessen (Drucksache 19/4111)
b) Großen Anfrage der Abg. Eckert, Barth, Decker, Degen, Faeser, Frankenberger, Geis, Gremmels, Grüger, Lotz, Dr. Sommer, Weiß (SPD) und Fraktion betreffend Auswirkungen der Digitalisierung auf Arbeit und Wirtschaft in Hessen (Drucksache 19/2896) und
c) Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage der Abg. Eckert, Barth, Decker, Degen, Faeser, Frankenberger, Geis, Gremmels, Grüger, Lotz, Dr. Sommer, Weiß (SPD) und Fraktion betreffend Auswirkungen der Digitalisierung auf Arbeit und Wirtschaft in Hessen (Drucksache 19/4357)
Das könnte die Zukunft des Lernens sein: Ab 2036 werden Eltern einen virtuellen Lehrer bereits für ihre fünfjährigen Kinder abonnieren. Die Stimme des Computers wird uns durchs Leben begleiten, vom Kindergarten über Schule und Universität bis zur beruflichen Weiterbildung. Der Computer erkennt, was ein Schüler schon kann oder wo Nachholbedarf besteht. Wir werden uns als lernende Menschen neu erfinden … Solche und andere Dystopien über unser künftiges Leben und Lernen kann man etwa bei Fritz Breithaupt und seiner „Talking Method“ nachlesen. Doch: wollen wir so etwas?
Wenn man die Verlautbarungen aus dem Wissenschafts- und Kultusministerien verfolgt (oder den Beitrag von Saskia Esken in „Schule im Blickpunkt“ liest), scheint es für Bildungseinrichtungen nur noch ein Thema und nur noch ein Ziel zu geben: die Digitalisierung. Dabei reicht bereits die einfache Frage des „cui bono“ (wem nützt es), um zu zeigen: Die einzigen Nutznießer von Digitalagenda und Digitalpakt sind IT-Firmen – auf Kosten der Schülerinnen und Schüler, zu Lasten ihrer Selbständigkeit und damit ihrer Zukunftsperspektiven – und zum Schaden öffentlicher Bildungseinrichtungen.
Wer sich mit Digitalisierungsbestrebungen an Schulen befasst, stellt fest, dass die Tragweite der intendierten Transformation von Bildungseinrichtungen zu automatisierten Lernfabriken durch Digitaltechnik nur von Wenigen realisiert wird. Viele Beteiligte (wollen) glauben, es ginge nur um eine bessere technische Ausstattung der Lehreinrichtungen zur Unterstützung der Lehrkräfte – und übersehen, dass mit Kybernetik und Behaviorismus zwei den Menschen determinierende Theorien eine Renaissance erleben. Vertreter dieser Disziplinen glauben daran, dass sowohl der einzelne Mensch wie ganze Gesellschaften oder Sozialgemeinschaften wie ein Maschinenpark programmiert und gesteuert werden könne. Dabei werden Lernprozesse zu Akten der systematischen Selbstentmündigung umdefiniert: die Zurichtung der Lernenden auf abfragbare Kompetenzen mit Hilfe von Algorithmen und Software.
Kein Mensch lernt digital
(2017)
Die IT-Industrie hat die Bildung als Geschäftsfeld seit vielen Jahren auf der Agenda. Wirtschaftsverbände und IT-Vertreter fordern unisono, Digitaltechnik und Programmiersprachen schon in der Grundschule zu unterrichten, damit die Schülerinnen und Schüler für die digitale Zukunft gerüstet seien. Dabei ist der Nutzen digitaler Medien im Unterricht nach wie vor fragwürdig.
Ralf Lankau entlarvt in diesem Buch die wirtschaftlichen Interessen der IT-Branche und ihrer Lobbyisten. Dabei geht er sowohl auf die wissenschaftlichen Grundlagen (Kybernetik, Behaviorismus) als auch auf die technischen Rahmenbedingungen von Netzen und Cloud-Computing ein, bevor er konkrete Vorschläge für einen reflektierten und verantwortungsvollen Umgang mit Digitaltechnik im Unterricht skizziert. Die These des Autors lautet: Wir müssen uns auf unsere pädagogische Aufgabe besinnen und (digitale) Medien wieder zu dem machen, was sie im strukturierten Präsenzunterricht sind: didaktische Hilfsmittel.
Wer sich mit der Fragestellung von Autonomie – verstanden im ursprünglichen Sinn von Selbständigkeit und Unabhängigkeit – im Zusammenhang mit Kreation und Gestaltung beschäftigt, merkt schnell, dass bei aller Modernität der heutigen Digitaltechniken ein uraltes Thema auftaucht: die grundsätzliche Abhängigkeit des schöpferischen Aktes von Technik und Material, von Handwerk und Produktionsbedingungen.
Wer sich mit Digitalisierungsbestrebungen an Schulen befasst, stellt fest, dass die Tragweite der intendierten Transformation von Bildungseinrichtungen zu automatisierten Lernfabriken durch Digitaltechnik nur von Wenigen realisiert wird. Viele Beteiligte (wollen) glauben, es ginge nur um eine bessere technische Ausstattung der Lehreinrichtungen zur Unterstützung der Lehrkräfte – und übersehen, dass mit Kybernetik und Behaviorismus zwei den Menschen determinierende Theorien eine Renaissance erleben. Vertreter dieser Disziplinen glauben daran, dass sowohl der einzelne Mensch wie ganze Gesellschaften oder Sozialgemeinschaften wie ein Maschinenpark programmiert und gesteuert werden könne. Dabei werden Lernprozesse zu Akten der systematischen Selbstentmündigung umdefiniert: die Zurichtung der Lernenden auf abfragbare Kompetenzen mit Hilfe von Algorithmen und Software.
Bildung statt Profilbildung
(2018)
Der Spion im Klassenzimmer
(2018)
Die öffentliche Diskussion über den Einsatz digitaler Medien in Schule und Unterricht verkennt die zugrundeliegenden Interessen. Seit über 30 Jahren wird jede neue Generation von Digitaltechnik in die Schulen gedrückt. 1984 waren es Personal Computer (PC), in den 1990er Jahren Laptops, aktuell sind es WLAN, Tablets und Smartphones. Die Argumente sind identisch: Angeblich sorgen die Geräte für moderneren, innovativeren Unterricht, höhere Motivation der Schüler/innen, bessere Lernergebnisse. Wissenschaftlich valide Studien belegen das Gegenteil. Der pädagogische Nutzen war und ist bis heute negativ. PISA-Koordinator Andreas Schleicher: „Wir müssen es als Realität betrachten, dass Technologie in unseren Schulen mehr schadet als nützt.“ (Schleicher, 2016) Der Aktionsrat Bildung bestätigt in einer Studie für die Vereinigung der Bayerischer Wirtschaft (vbw) „statistisch signifikant niedrigere Kompetenzen in den Domänen Mathematik und Naturwissenschaften“, wenn Grundschülerinnen und Grundschüler im Unterricht mindestens einmal wöchentlich Computer einsetzen im Vergleich zu Grundschulkindern, die seltener als einmal pro Woche Computer im Unterricht nutzten - und fordert trotzdem, die Schulen müssten schneller digitalisiert werden.
Es geht offensichtlich um Anderes. Es sind wirtschaftliche Interessen der IT-Wirtschaft und der Global Education Industries (GEI), die die Bildungsmärkte nach angelsächsischem Vorbild privatisieren und kommerzialisieren wollen. Es sind zugleich die Geschäftsmodelle der Daten-Ökonomie, die alle Lebensbereiche verdaten und Menschen per Algorithmus und kybernetischen Modellen steuern wollen – wie in den 1950er Jahren (Behaviorismus, programmiertes Lernen). Die Digitalisierung ist „nur“ die technische Infrastruktur zur Datenerhebung, die empirische Bildungsforschung das Instrumentarium zur Quantifizierung auch des Sozialen (Mau, 2018). Nach Arbeitsmarkt und Kommunikation stehen derzeit Bildung und Gesundheit auf der Agenda der Digitalisten. Das Problem: Werden soziale Systeme nach der binären Logik der IT umgebaut, verlieren sie alles Soziale. Daher ist die vordringliche Aufgabe der Pädagogik, die derzeit dominierenden Denkstrukturen von BWL und IT, Empirie, Kennzahlenfixierung und behavioristischen Lerntheorien als dysfunktionalen und a-sozialen Irrweg zu kennzeichnen und stattdessen Schule und Unterricht wieder vom Menschen und seinen Lernprozessen her zu denken.
Die Digitalisierung aller Lebensbereiche ist kein Technik-, sondern ein Systemwechsel. Alles, was wir im Netz tun, wird verdatet; idealiter prenatal bis postmortal. Dieser Datenpool wird mit immer ausgefeilteren Algorithmen des Big Data Mining analysiert und mit Methoden der Empirie, Statistik und Mustererkennung ausgewertet. Der Mensch wird zum Datensatz. Je früher Menschen psychometrisch vermessen werden können, desto exaktere Persönlichkeits-, Lern- und Leistungsprofile entstehen – und umso leichter ist die Einflussnahme. Das ist der Grund für die Forderung nach Digitaltechnik in KiTas und Grundschulen. Menschen werden daran gewöhnt zu tun, was Maschinen ihnen sagen. Das ist Gegenaufklärung aus dem Silicon Valley per App und Web. Wie Alternativen aussehen können, zeigt dieser Beitrag.
Controlling ist ein Begriff aus der Wirtschaftslehre und bezeichnet nicht Kontrollle, sondern Prozeßsteuerung. Definierte Ziele werden durch kleinteilige Messungen und permanente Überwachung aller Arbeitsschritte und Handlungen der beteiligten Personen protokolliert und stetig optimiert. Dieses Konzept der Planungs-, Koordinations- und Kontrollaufgaben wird beim „Bildungs-Controlling“ auf Schulen und Hochschulen übertragen. Ziel ist dabei, entsprechend der Gary Beckerschen Humankapitaltheorie, die Produktion von Humankapital mit validierten Kompetenzen. Zwei Probleme gibt es dabei: Lernen und vor allem Verstehen lassen sich nicht automatisieren und auch nicht automatisiert prüfen. Und: Sozialsysteme unter dem Regime der Kennzahlen des Quality Management (QM) oder Total Quality Management (TQM) verlieren ihre Eigenschaft als soziale Systeme
Wer sich als Pädagoge und Wissenschaftler mit dem Thema „Digitalisierung und Schule“ befasst, stellt fest, dass nur Wenige die Tragweite der beabsichtigten Transformation von Bildungseinrichtungen zu automatisierten, algorithmisch gesteuerten Lernfabriken realisieren. Dabei wird übersehen, dass mit Theorien und empirischen Modellen wie der „datengestützten Schulentwicklung“ und „Learning Analytics“ grundlegende Paradigmenwechsel verbunden sind, die das humane wie das christliche Menschenbild erschüttern. Mit Kybernetik und Behaviorismus auf der einen, mit der sogenannten „Künstlichen Intelligenz“ (KI) und darauf aufbauenden Geschäftsmodellen der Datenökonomie auf der anderen Seite, untergraben diese Beschulungsmodelle die Autonomie, das Selbstbestimmungsrecht und die Handlungsfreiheit des Menschen. Vertreter dieser Disziplinen behaupten, dass sowohl der einzelne Mensch wie Sozialgemeinschaften wie Maschinen programmiert und gesteuert werden können. Sie blenden aus, dass Mündigkeit und Selbstverantwortung das Ziel von Schule und Unterricht sind, nicht maschinell berechnete Verhaltenssteuerung und -manipulation. Diese Fehlentwicklungen sind nicht der Technik an sich geschuldet, die sich anders einsetzen ließe, sondern den Geschäftsmodellen der IT-Anbieter.
Der niedersächsische Landtag entscheidet bei der Diskussion und Abstimmung über die drei genannten Anträge über mehr als nur die Verteilung der Investitionsmittel aus dem „Digitalpakt Schule“. Es geht um grundsätzliche Fragen: Wer bestimmt über Lehrinhalte an staatlichen Schulen und über eingesetzte (Medien-)Technik? Bleibt die Bildungspolitik des Landes dem Anspruch und Recht der Schülerinnen und Schüler nach individueller Bildung und Persönlichkeitsentwicklung verpflichtet, wie es in der Landesverfassung (§1(4)) und im Niedersächsischen Schulgesetz (§2 Bildungsauftrag, NschG) steht? Vermitteln öffentliche Schulen weiterhin eine fundierte Allgemeinbildung als Grundlage sozialer Teilhabe in demokratischen Gemeinschaften? Oder setzen sich Wirtschaftsverbände und IT-Lobbyisten durch, die für mehr und den immer früheren Einsatz von digitalen Endgeräten in Bildungseinrichtungen eintreten? Die „Programmieren bereits in der KiTa“ fordern und Schulen mit „leistungsstarken WLAN ausleuchten“ wollen (CDU/SPD-An-trag), ohne über Strahlung auch nur nachzudenken? Werden Schulen qua Landtagsbeschluss zu Ausbildungsstätten und Berufsvorbereitung (Münch, 2018, 177) – oder nicht?
Dabei ist wissenschaftlich belegt, dass die Qualität von Schule und Unterricht gerade nicht an Medientechnik gekoppelt ist. Entscheidend sind immer qualifizierte Lehrpersönlichkeiten, ein gut strukturierter, altersgerechter Unterricht und der soziale Umgang miteinander. (Studien von Hattie, Telekom, OECD u.a.) Lehren und Lernen sind individuelle und soziale Prozesse, keine technisch steuerbaren Abläufe. Unberücksichtigt bleiben inden Anträgen sowohl die historischen Belege des Scheiterns von Medientechnik (Pias) wie bereits gegenläufige Entwicklungen aus den USA. Kinder in (teuren) Privatschulenwerden wieder von realen Lehrerinnen und Lehrern unterrichtet und genießen den „Luxus menschlicher Interaktion“. Bildschirme sind dort aus den Schulen verbannt, während Kinder an öffentlichen Schulen an Tablets ohne LehrerInnen lernen müssen (Bowles, 2018).
Der niedersächsische Landtag entscheidet bei diesen Anträgen also darüber, ob bereits gescheiterte IT-Konzepte aus den USA wiederholt werden oder ob eine Diskussionüber sinnvolle und pädagogisch fundierte Medienkonzepte für Schulen eröffnet wird, die nicht auf Digitaltechnik verkürzt werden darf. Wer also bestimmt über Lehrinhalte und Medientechnik an Schulen? Die IT-Wirtschaft und Vertreter der Daten-Ökonomie, die Lehrangebote digitalisieren und privatisieren wollen? Oder entscheiden Volksvertreter, nach pädagogischer Expertise, die den Schülerinnen und Schülern verpflichtet sind?
Scheuklappen statt Weitblick
(2019)
Der bildungsferne Campus
(2019)
Wer sich als Pädagoge und Wissenschaftler mit dem Thema Digitalisierung im Kontext von Unterricht, Lehre und Bildungsprozessen befasst, stellt schnell fest: Kaum jemand realisiert die Tragweite der durch Digitaltechnik und Netzwerke möglichen und von IT-Konzernen forcierten Transformation von Bildungseinrichtungen zu immer stärker automatisierten, kybernetisch gesteuerten Beschulungs- und Prüfanstalten. „It’s the economy, stupid“ wird zum Mantra auch der Bildung. Der Begriff Learning Analytics als Teilaspekt von Big Data Analytics weist ebenso auf Automatisierungstechnik für Lernprozesse wie der Begriff der datengestützten Schulentwicklung (Hartong, Learning Analytics und Big data in der Bildung, 2019). Mit Summit Learning (Facebook), Google Classroom oder Apple Education sind vollautomatisierte Systeme in den USA bereits im Einsatz. Der DigitalPakt Schule schafft die technischen Voraussetzungen für die Beschulung per Netz und Cloud in Deutschland (Lankau, Bildungsmarkt Schule. Tatsächliche Kosten des Digitalpakt Schule und verdeckte Interessen, 2019a).
Die Diskussionen über die Bedeutung und Folgen der Digitalisierung sind kaum noch überschaubar. Einig sind sich die meisten, dass Digitalisierung und die sogenannte „Künstliche Intelligenz“ (sKI) sowohl „alternativlos“ wie entscheidend für die Zukunft seien. Wer bei diesen Techniken nicht an der Spitze stünde, würde wirtschaftlich abgehängt und letztlich zum Verlierer. Die erste Frage ist aber: Wer steht denn an der Spitze und ist es erstrebenswert, sich dazu zu gesellen? Die zweite Frage ist, was sich konkret an technischen Systemen hinter Schlagworten wie Big Data, Künstlicher Intelligenz und autonomen Systemen verbirgt. Nicht zuletzt steht in Frage, welche Konsequenzen diese Systeme für den Einzelnen haben (können und/oder werden).
Computer an allen Schulen (1984), Schulen ans Netz (1996), Digitalpakt Schule (2016): Jede neue Rechnergeneration wird für Schule und Unterricht als notwendig reklamiert. Die Argumente wiederholen sich: PCs, Laptops, heute Tablets seien innovativ, motivationsfördernd und ermöglichten „modernen“ Unterricht. Stand der Wissenschaft ist: Weder Nutzen noch Mehrwert von IT in Schulen sind belegt. Die Digitalisierung dient offensichtlich anderen Interessen. Denn ob Kreidetafel oder Whiteboard: Entscheidend für Lernerfolge sind Lehrpersönlichkeiten, ein gut strukturierter Unterricht und der lernförderliche Umgang miteinander, nicht Medientechnik.
Die wichtigste Erfahrung beim Zeichnen ist der Prozess, mit einem Stift Spuren und Zeichen zu setzen, die direkt beim Zeichnen entstehen. Ob mit Stift auf Papier, mit dem Finger oder einem Stock im Sand: Man lässt sich auf diesen Prozess des Entstehens ein. Es ist ein Wechselspiel von Auge und Hand, mal gewollt und kontrolliert, ein anderes Mal als Spiel aus Neugier, Intuition und Zufall. Wenn es gelingt, den Alltag auszuschließen, ist Zeichnen wie Musizieren oder Tanzen, ein Akt der Poiesis, das Hervorbringen von Werken im autotelischen Zustand. Handeln und Sein ist als Qualität und Erkenntnisform eins oder neudeutsch: Ich bin im Flow.
Die entscheidende Frage bei der Konzeption einer möglichen technischen Infrastruktur für Schulen ist keine technische, sondern eine pädagogische: Was soll denn genau gelernt werden, über Rechner und Netzwerke, am Rechner oder mit dem Rechner? Ist diese Frage geklärt, kann man Hard- und Software dafür zusammenstellen.
Alle drei Anträge argumentieren technikdeterministisch, als sei (Digital)Technik mehr als ein mögliches, nicht notwendiges Hilfsmittel im Unterricht. Seit über 30 Jahren wird jede neue Geräte-Generation (PC, Laptops, heute Tablets) mit identischen Argumenten (innovativ, modern, motivationsfördernd) für den Einsatz im Unterricht reklamiert. Doch entscheidend für Lernerfolge und Bildungsprozesse sind die Lehrer-Schülerbeziehung, die direkte Interaktion zwischen Lehrenden und Lernenden und die Sozial- und Klassengemeinschaft, nicht die technische Ausstattung von Schulen. Lernprozesse in Bildungseinrichtungen beruhen auf dem sozialen Miteinander und wechselseitigem Vertrauen. Lernen ist ein individueller und sozialer Prozess, kein technischer Vorgang. Kein Mensch lernt digital.
Keiner der Anträge unterscheidet nach dem Alter der Schülerinnen und Schüler als dem entscheidenden Kriterium für den Einsatz von Medientechnik im Unterricht. Stattdessen wird technikeuphorisch einer zunehmenden Automatisierung des Beschulens und Testens das Wort geredet (Lernsoftware, Lernmanagementsysteme, Lernprofile u.a.). Stand der Wissenschaft (einschließlich der Erfahrungen mit Covid-19 und erzwungenen Schulschließungen) ist aber, dass Präsenzunterricht das oberstes Primat der Schulen sein muss. Schulen sind die Orte des sozialen Miteinander und Schutzraum gerade für sozial Benachteiligte. Das Ziel sind Lern- und Verstehensprozesse der Schülerinnen und Schüler, die Entwicklung ihrer Persönlichkeit und ihre Bildungschancen, nicht quantitative Vergleiche über die technische Ausstattung von Schulen in anderen Bundesländern oder dem Ausland. Pädagogisch argumentierend würde nicht auf digitale Medien(technik) verkürzt; es würden analoge wie technische Medien gleichwertig einbezogen. Ob und ggf. für was man Digitaltechniken altersangemessen und ohne Rückkanal (!) für Nutzerdaten einsetzen kann, ist hingegen erst durch ergebnisoffene Studien zu belegen. Was in allen Anträgen fehlt, ist daher ein klares Verbot der Profilierung Minderjähriger.
Wer darüber hinaus das Ziel der digitalen Transformation der gesamten Gesellschaft mit dem Ziel der digitalen Organisation aller Lebensbereiche kennt, weiß, dass wir IT erst neu denken und alternative Infrastrukturen aufbauen müssen, bevor Digitaltechnik in Schulen einsetzbar wird. Datensparsamkeit und Dezentralisierung, Hoheit über die eigenen Daten und DSGVO-konforme Systeme sind zukunftsweisende Stichworte für IT in Schulen, nicht EdTech als Big Business der Global Education Industries (GEI).
Als Einstieg in den Diskurs über zivile Netzwerktechnologien, mobile Geräte, Onlinedienste und die Frage, wie sich die „Kirche der Zukunft“ (zumindest aus medienwissenschaftlicher Sicht) positionieren kann, dienen drei Zitate. Die Gegenüberstellung der darin vertretenen Positionen soll den Nutzen und die Folgen der zunehmend vollständigen Durchdringung (fast) aller Lebensbereiche mit Digitaltechnik für den Einzelnen wie für die Gesellschaft aufzeigen.
Unter dem Deckmantel der Covid-19-Pandemie werden soziale Einrichtungen wie Bildungseinrichtungen oder das Gesundheitssystem systematisch auf Digitalisierung getrimmt. Schon Grundschulkinder werden an die Arbeit am Display gewöhnt und Schulen mit Geldern aus dem Digitalpakt Schule technisch aufgerüstet. Lernsoftware, Schulcloud und Learning Analytics erlauben die Verdatung von Schülerbiographien. Digitale Endgeräte als Leihgabe für Schülerinnen und Schüler bereiten den Fernunterricht für die Zeit nach der Pandemie vor. Auf der Strecke bleiben dabei möglicherweise nicht nur Grundrechte, Privatsphäre und letztlich die Autonomie des Menschen, sondern auch das notwendige Vertrauen in politische Entscheidungen, wenn etwa die Digitalisierung zunehmend aller Lebensbereiche gar nicht mehr hinterfragt wird. Dabei reichen bereits vier Forderungen zur IT-Entwicklung, um demokratisch legitimierte Alternativen von Softwarelösungen zu entwickeln, wie der Streit um die Corona-App gezeigt hat.